Zwischen Schwert und Geständnis

10. Jänner


Nur widerwillig und tatsächlich mit einigem Zögern schloss Eoddren die Türe der Übungshalle hinter sich. Abschiede, wie er sie hasste und immer wieder musste es wohl sein, wenn auch nur für kurze Zeit. Tira, die Heilerin und Elbe, welche unter Arveyel Nevilles Dienst stand und bei ihrer Rückkehr aus Annuminas sie begleitete, war zwar der Meinung, dass es ihm soweit gut ginge um diese Reise erneut anzutreten, doch sprachen ihre Augen und auch die Seinigen, eine eindeutige Sprache. Er wollte nicht gehen und sie wollte ihn nicht ziehen lassen. Es wäre jedoch nur ein Hinauszögern des Unvermeindlichen gewesen und seit er den Posten des Marschalls im Hause Neville angenommen hat, wenn auch unter Zugzwang, verpflichtet ihm nicht nur das Wort ihm gegenüber Termine einzuhalten, auch sein Stolz und seine Ehrbarkeit zwangen ihn dazu. Das nun auch noch, indirekt, sein Kopf und auch das weiterführende Leben seines Freundes Samuyel davon abhingen, welche Fehltritte er sich erlaubte, machten so manche schlaflose Nächte nicht besser.

Theonrid wartete bereits am Weg, aufgesattelt und Eods Junghengst Edgeon am Zügel haltend. Schweigend schwang er sich in den Sattel, zurrte sein Schwert am Gürtel etwas enger, ehe sie los ritten. Er hatte nicht vor wie bereits vor knapp einem Monat für den Hinweg fünf Tage zu benötigen, auch wenn es unter anderen Umständen statt gefunden hatte.

Die Sonne streifte nur noch die Hügel von Fornost, als man zwei Schwerter, zwischen den Bergen von Fornost und Parth Aduial in Evendim, kraftvoll aneinander schlagen hört, gefolgt von dem Einen oder Anderen Gewaltschrei. Theonrid und Eoddren standen sich vorgebeugt, schwer keuchend und auf Knie und Schwert abgestützt gegenüber. Das neben ihnen angefachte Lagerfeuer flackerte leicht bei den schwungvollen Bewegungen der beiden Männer und ein feiner Windhauch trug die Asche in Richtung ihrer aufgeschlagenen Schlafplätze. Es vergingen lediglich wenige Herzschläge, als die zwei Männer, in leichter Kleidung, ohne Rüstung oder Polsterung erneut mit ihren Zweihändern aufeinander losgingen und ein Paradewechselspiel der Klingen vollzogen wurde. Ein Ausfallschritt nach hinten, ein abgelenkter Schlag nach vorne, eine Parierung nach unten und ein Nachschlagen von oben folgt Zug um Zug, keiner der beiden Kontrahenten nahm sich zurück und dachte auch nur im geringsten daran sich geschlagen zu geben, obwohl es sich scheinbar um einen endlosen Übungskampf handeln könnte.
Erneut stehen die Beiden sich gegenüber, fünf Schritte voneinander entfernt, keuchend, der Schweiß tropft ihnen von Stirn und Nase, die Schläfen entlang und einzig die ledernen Handschuhe verhindern ein verlieren der Waffe.

«Du bist gut geworden, Theo. Ich bin beeindruckt. Aber bilde dir ja nicht zuviel darauf ein, du hast noch einen langen Weg vor dir.»
«Ja, das bin ich, Onkel Eod. Aber es ist auch keine große Kunst gegen einen alten Mann, der in letzter Zeit lieber bei Elben übernachtet, als zu trainieren, zu gewinnen.»

Eoddren verengt die Augen und starrt in das schiefe, verschmitzte Schmunzeln seines Neffen. Es war nicht das Aufziehen wegen des Alters, doch von wem und woher wusste er von Tira? Er wirkte tatsächlich etwas erschöpfter und angeschlagener als Theonrid, hatte der Junge auch nicht ganz so unrecht. Sein letztes Training lag bereits viele Wochen zurück und auch das Schmieden konnte er auf Grund seiner gebrochenen Rippe und der weiteren Blessuren nicht nachgehen.

«Die Nacht bei Elben, ja? Alter Mann, ja? Dieser, bei Elben nächtende alte Mann, zeigt dir gleich, was es heißt sich auf seinen Lorbeeren zu früh auszuruhen.»

Kaum hatte der Rohirrim es ausgesprochen, kam ihm bereits sein Neffe zuvor und stürmte voller Euphorie, einem Kampfschrei und mit angehobenen Schwert auf ihn zu. Eod stützte sich an der Parierstange seines Schwertes auf, ein Knie am Boden und beobachtete mit seinen blau-grauen hellwachen Augen jede von Theos Bewegungen. Erst als die Klinge bereits etwas herabsauste und es schon beinahe wirkte, als wolle der Junge seinen Onkel nun den Kopf abschlagen, drehte sich der ehemalige Soldat im Uhrzeigersinn am Knie um die eigene Achse, hob das Schwert nur wenige Fingerbreit an und verkeilte es zwischen Theos Beinen. Dieser strauchelte sofort, ließ sein Schwert fallen und landete mit den Händen vorraus am Bauch. Lachend und gemütlich stand Eoddren auf, steckte seinen Bi-händer in den Boden und reichte seinem Neffen die Hand um ihm aufzuhelfen.

«Der große Komman~ Marschall, verzeih, kämpft mit unfairen Mitteln.»
«Theonrid, niemand hatte je behauptet, dass ein Kampf oder gar Krieg fair wäre.»

Gegen Abend saßen die Zwei am Feuer, genehmigten sich etwas Met aus den Trinkschläuchen und auch der Proviant in Form von Brot, Trockenfleisch und Hartkäse wird verringert. Erst an diesem Abend, bereits die Hälfte ihres Weges hinter sich gebracht, erzählte Eoddren seinem Neffen die Geschehnisse der letzten Monate. Angefangen von Bree und dem Armenviertel, bis hin zu Lana, dem ehemaligen Marschall Arthedir und der Feste Elendils. Doch über eines behielt er nach wie vor stillschweigen gegenüber seinem Neffen …. Tira.