Bei klarem Verstand

Der Herbst schritt schnell voran und mit ihm kam auch der Jahrestag der Geschwister immer näher, welcher unterschiedlicher nicht gefeiert werden kann. Während Eaddren keinen Hehl aus diesem Tag macht, zog es ihr Bruder, Eoddren vor, sich stets während dieser Zeit aus der Griffreichweite seiner Vertrauten zu ziehen. Bereits Wochen zuvor und auch noch die eine oder andere danach plagen ihn immer wieder Albträume ob Vergangenes, mit welchem er nach wie vor nicht abgeschlossen hat, auch wenn es äußerlich den Schein erweckt. Sei es nun der Verrat in der Heimat oder auch nur die Sorge um seinen Neffen oder aber die einhergehenden Erlebnisse damals in Angmar mit seinem besten Freund Morserek, welche zu seiner Narbe an der Schulter führten. Auch dieses Jahr wollte er eigentlich nur für einige Tage wieder in den Norden, etwas abschalten, sich etwas abreagieren und auf andere Gedanken kommen. Gerade die Trennung von Tira zu Beginn des Herbstes gaben ihm immer noch Rätsel auf, für sich. War er es, der diese Beziehung beendete und einfach Angst vor einer möglichen weiteren Zukunft hatte, einen Schritt den er glaubte gehen zu müssen, aber nicht wollte. Und dann war da noch Faegryn, eine Freundin, eine Rohirr, eine Frau, die wusste was sie will und auch noch für ihn arbeitete. Was die Sache nicht leichter machte für ihn. Ausgerechnet zu jener Zeit, als er ein…

Torschusspanik

2. September Langsamen Schrittes nähert sich eine, in einen Umhang gehüllte Gestalt, dem vermeintlichen Fundort, neben ihr eine Stadtwache, welche eine Fackel in der Hand trägt um so etwas Licht jener Nacht zu schenken, welche nur noch schwach vom abnehmenden Mond beleuchtet wird. Zögerlich, fast schon zitternd, zeigt der Wachmann auf die hoffentlich schlafende Person, angelehnt an den Überresten der einstigen Dunédain Festungsmauer in Bree.   Es war laut im Gasthaus, trotz der immer weniger werdenden Gäste zu der nächtlichen Stunde, war der Schankraum von einem Grundpegel an Lärm gefüllt. Barden, die ihr Leid klagten, Geschichtenerzähler die mit ihren letzten Eroberungen prahlten und einige Gäste, welche sich angeregt an den Tischen unterhielten. Und dann waren da noch zwei Wachen, die sich ihr ersehntes Feierabendbier genehmigten und über die Ereignisse des letzten Rundgangs erzählten. Das war jener Moment, an dem sich der Kopf eines unbeobachteten Zuhörers hob und dem Gespräch der Wachen aufmerksamer folgte. Eingehüllt in seinen Umhang, eine Kapuze tief ins Gesicht gezogen, funkelten die wachsamen Augen unter den Rand jener hervor, lauschend. «Ein großer, breitschultriger, blonder und betrunkener Pferdemensch … hatte schon mich und Ralf wieder weggeschickt, als wir ihn aufstellen wollten. Faselte etwas von wegen, dass wir ihn am Besten aus den Augen gehen sollten, er sich sonst vergisst … Aber ich sage dir Malte… Pahahaha… der konnte noch nicht einmal sein Schwert…

Kindermund tut Wahrheit kund…

19. Feber Schön langsam wurden die Tage und auch die Nächte immer wärmer und die Sonne setzte sich öfters gegen die winterliche graue Wolkendecke durch, so auch an diesem Morgen. Langsam und auch zögerlich schoben sich die wärmenden Strahlen über die kleine Bergkette am Rande der Siedlung und erreichten das Schlafzimmerfenster im Hause Baragur. Auch wenn die Nacht etwas kürzer ausfiel, so lag Eoddren dennoch bereits wach im Bett und beobachtete Tirafaer, wie sie in seinem Arm, an ihn geschmiegt noch friedlich schlief. Sanft strich er ihr über die Haare und setzte einen keuschen Kuss auf ihren Haaransatz und ließ seinen Blick erneut über hinweg gleiten. Immer wieder zog er ihr die Decke wieder über die Schulter, welche in binnen kürzester Zeit erstaunlicherweise wieder bis fast zur Hüfte hinabglitt. Selten konnte er sich hierbei ein Schmunzeln verkneifen, war sie es doch immer wieder, welche ihm tadelte, dass er sich gefälligst den Temperaturen entsprechend anziehen sollte und vorallem auch ordentlich zudecken sollte und seine Decke nicht nur ein hübsches Zierwerk für das Bett darstellte. Er lag die halbe Nacht wach, beobachtete sie, spürte sie in seinem Arm, strich ihr über Rücken und Oberarm und genoss einfach die Nähe und Wärme. Doch so einfach konnte er sich dennoch nicht dem Gefühl hingeben, da seine Gedanken sich immer noch um das nächtliche Gespräch von Sonntag auf Montag mit ihr…

Nachricht aus hohem Haus

11. Februar Ein Bote erreichte Eoddrens Grundstück und überbrachte ihm einen Brief, mit dem Siegel des Hauses Neville. … Werter Marschall Baragur, Wie ich feststellen muss, wurde die richtige Entscheidung getroffen euch die Aufgaben des Marschalls zu übergeben. Die Bewegungen der Truppen und die sichtbaren Veränderungen innerhalb der Mauern lassen hoffen. Doch auch unsere Belagerer haben diesen Ruck der Veränderung gespürt und lassen die Mauern stärker denn je erzittern. Ich bin mir sicher, ihr werdet die richtigen Entscheidungen treffen um einen Fall der Feste Elendils zu verhindern. Dies jedoch ist nicht der Grund warum ihr diese Zeilen erhält, über die Vorkehrungen und Beschaffenheiten der Truppen seid ihr mit Sicherheit bestens im Bilde. Samuyels Mutter, Herrin Yellenah ist der Grund meines folgenden Befehls. Sie ist alt und ihre Gesundheit, Kraft und Stärke wird von Woche zu Woche sichtlich weniger. Da sie nicht dem Geschlecht der Dúnadan angehört, war dies nur eine Frage der Zeit. Habt ein Auge weiterhin auf meinen Sohn und verhindert unter allen Umständen, dass er erneut seine Verpflichtungen vernachlässigt und das Treffen der gewählten Damen unterbindet und auf die törichte Idee kommt, den Heimweg anzutreten. Er bat um diese letzte Chance und diese soll er nutzen, andernfalls sehe ich mich gezwungen ihn hier unter meiner Obhut zu behalten und alle weiteren Schritte selbst in die Hand zu nehmen. Marschall Baragur ich verlasse mich…